Sind Sie heute Morgen zum Bäcker gegangen und haben Ihre Brötchen mündlich bestellt? Stellen Sie sich vor, Sie müssten dafür stattdessen jedes Mal einen schriftlichen Kaufvertrag unterschreiben.
Zum Glück ist das aus einem einfachen Grund nicht der Fall: In Deutschland besteht für Verträge Formfreiheit. Das bedeutet, dass Vertragspartner:innen sich grundsätzlich aussuchen können, auf welche Weise sie einen gemeinsamen Vertrag schließen möchten. Der Spucke-Pakt oder das Indianer-Ehrenwort sind vielleicht eher weniger angebracht, aber dafür können Sie auf den klassischen Handschlag, eine mündliche oder stillschweigende Abmachung oder eine schriftliche, notariell beurkundete oder öffentlich beglaubigte Übereinkunft zurückgreifen.
Diese Freiheit steht Ihnen allerdings nur zu, wenn der Gesetzgeber keine anderen Richtlinien vorgibt. Das mündliche Ehrenwort Ihres langjährigen Vertragspartners mag vielleicht glaubhaft klingen, aber der Gesetzgeber empfiehlt für Dokumente mit hoher Wichtigkeit, auf Nummer sicher zu gehen und die jeweiligen Vertragsbedingungen schriftlich festzuhalten. In diesen Fällen ist die “Schriftform” gesetzlich vorgeschrieben und es gilt das sogenannte “Schriftformerfordernis”.
Worum es sich bei der Schriftform handelt, welche Verträge in dieser Form unterschrieben werden müssen und wie man die Schriftform mit der elektronischen Signatur einhält, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was bedeutet Schriftform?
Die Schriftform ist eine der insgesamt fünf verschiedenen Formvorschriften für Verträge, die es in Deutschland gibt. Lassen Sie uns ein wenig fachsimpeln und einen Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) werfen, in dem in § 126 die Anforderungen an die Schriftform festgehalten sind:
- Wird für einen Vertrag die Schriftform gefordert, müssen der Inhalt des Dokuments und damit die Vertragsbedingungen schriftlich ausformuliert und von allen beteiligten Vertragsparteien mit voller Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterschrieben werden.
- Außerdem müssen alle Unterschriften auf dasselbe Dokument gesetzt werden. Alternativ ist es auch möglich, zwei identische Fassungen des Vertrags zu erstellen. In diesem Fall unterzeichnet jede Partei nur die für die andere Partei bestimmte Version.
- Die schriftliche Form kann immer durch die elektronische Form ersetzt werden, sofern es keine gegenteiligen gesetzlichen Vorschriften gibt. Auf dieses Thema werden wir im Abschnitt “Schriftform durch die elektronische Form ersetzen” noch näher eingehen.
Wie bereits erwähnt, ist die Schriftform für einige Verträge gesetzlich vorgegeben - Zwar nicht für Ihre tägliche Vereinbarung des Brötchenkaufs beim Bäcker, aber beispielsweise für eine Kündigung oder einen befristeten Arbeitsvertrag. Wird das Schriftformerfordernis nicht eingehalten, ist der Vertrag ungültig. Die ausführliche Auflistung aller Dokumente, die die Schriftform erfordern, finden Sie in dem Abschnitt “Wann gilt das Schriftformerfordernis? Beispiele”.
Formvorschriften: Unterschied zwischen Schriftform & Textform
Doch aus welchem Grund gibt es Formvorschriften wie die Schriftform eigentlich?
Eine vorgeschriebene Form kann eine Warn-, Beweis-, Informations- und/oder Beratungsfunktion haben und Unterzeichner:innen somit vor unüberlegten und übereilten Entscheidungen schützen.
Neben der Schriftform gibt es noch vier weitere gesetzlich definierte Formvorschriften: die Textform, die elektronische Form, die notarielle Beurkundung sowie die öffentliche Beglaubigung.
Welche Anforderungen an die jeweiligen Formen gelten und wann diese zum Einsatz kommen, erfahren Sie im Folgenden.
Schriftform
Über die Schriftform wissen Sie ja bereits bestens Bescheid. ;) Aber wir Yousigner sind nette Leute und fassen Ihnen das Wichtigste noch einmal zusammen:
Ist die Schriftform für einen Vertrag gefordert, muss dieser schriftlich ausformuliert und händisch von den Vertragsparteien unterzeichnet werden. Es kann auch vorkommen, dass die Schriftform nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern rechtsgeschäftlich vereinbart ist. In diesem Fall, z.B. bei einem Gesellschaftsvertrag, kann das signierte Dokument auch per E-Mail verschickt werden. Die andere Vertragspartei hat allerdings trotzdem das Recht, das Originaldokument anzufordern.
Textform
Den Begriff “Textform” könnte man auf den ersten Blick leicht mit “Schriftform” verwechseln. Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Formvorschriften:
Ist rechtlich zur Textform angewiesen, so muss die Erklärung keine Unterschrift enthalten und kann auch per Fax, E-Mail oder SMS übermittelt werden. Entscheidend ist, dass die Erklärung in Textform lesbar ist und durch eine deutliche Formulierung erkennbar wird, wo sie endet.
Elektronische Form
Eine weitere Formvorschrift des Gesetzgebers ist die elektronische Form, die die Schriftform ersetzen kann, sofern es keine anderen Vorschriften gibt. In diesem Fall muss die Willenserklärung den Namen des Ausstellers bzw. der Ausstellerin enthalten und mit einer Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES) versehen werden. Qualifizierte Elektronische Signaturen können mithilfe einer Software eines Vertrauensdiensteanbieters wie Yousign erstellt werden. Mehr dazu erfahren Sie in dem Teil “Schriftform durch elektronische Form ersetzen”.
Notarielle Beurkundung
In juristischer Hinsicht ist die notarielle Beurkundung die strengste Formvorschrift. Gemeint ist damit, dass ein Vertrag erst durch das Unterzeichnen eines Notars seine Rechtsgültigkeit verliehen bekommt. Eine notarielle Beurkundung ist immer dann erforderlich, wenn ein rechtlich komplexer Vertrag abgeschlossen wird, d.h. z.B. ein Ehevertrag oder Testament.
Öffentliche Beglaubigung
Im Gegensatz zur notariellen Beurkundung bestätigt eine öffentliche Beglaubigung nicht den Inhalt einer Erklärung, sondern die Richtigkeit der Unterschrift bzw. der Abschrift eines Notars oder einer Behörde. Eine öffentliche Beglaubigung bescheinigt folglich, dass die Kopie eines Schriftstücks mit dem Original-Dokument übereinstimmt. Dokumente, die eine öffentliche Beglaubigung erfordern, sind beispielsweise bestimmte Zeugnisse oder Urkunden.
Wann gilt das Schriftformerfordernis? Beispiele
Wenn der Gesetzgeber für ein Dokument die Schriftform vorgesehen hat, hat das in der Regel folgenden Zweck:
- Warnfunktion: Die Person, die die Willenserklärung ausstellt, soll aufgrund der Risiken des Geschäfts vor überhasteten Entscheidungen geschützt werden.
- Beweisfunktion und Informationsfunktion: Die Form soll deutlich beweisen und darüber informieren, welche Bedingungen und welchen Inhalt der Vertrag bzw. das Geschäft enthält.
Nachfolgend finden Sie einige Beispiele für Verträge, für die das Gesetz ausdrücklich die Schriftform fordert.
Diese Dokumente erfordern die Schriftform
Die Schriftform kommt in vielen verschiedenen Bereichen zum Einsatz: Ob im Gesellschafts-, Bürger-, Handels- oder Arbeitsrecht oder in der Immobilien-, Versicherungs- oder Finanzbranche. Dies sind einige Beispiele für Dokumente, für die die Schriftform vorgeschrieben ist:
- Jahresabschlüsse,
- Verbraucherdarlehensverträge,
- SEPA Lastschriftmandate,
- Bankkontoeröffnungen,
- Quittungen,
- Vollmachten,
- befristete Arbeitsverträge,
- Arbeitnehmerüberlassungsverträge,
- Staffel-, Index- und Zeitmietverträge,
- kapitalbildende Versicherungen mit Prämien-Rückgewähr,
- Freischaltungen von SIM-Karten,
- elektronische Patientenakten,
- e-Rezepte (Gesundheitsbranche) oder
- e-Vergaben öffentlicher Ausschreibungen.
Schriftform durch die elektronische Form ersetzen
Wie bereits erwähnt, kann anstelle der Schriftform die elektronische Form genutzt werden, wenn das Gesetz keine anderen Vorschriften gibt. Die eingangs aufgezählten Dokumente, die die Schriftform erfordern, können also auch problemlos mit der e-Signatur unterzeichnet werden.
Eine noch ausführlichere Liste mit Verträgen, die digital mit der Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES) signiert werden können, finden Sie in unserem Artikel “Diese Dokumente erfordern die Qualifizierte Elektronische Signatur (QES)”.
Anforderungen an die elektronische Form
Die Anforderungen an die elektronische Form, die die Schriftform ersetzen kann, regelt Paragraf 126a des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Laut §126a BGB muss der:die Aussteller:in seinen bzw. ihren Namen hinzufügen und das elektronische Dokument qualifiziert elektronisch signieren. Bei Verträgen muss jede Vertragspartei jeweils ein gleichlautendes Dokument mit der Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES) versehen.
Eine Elektronische Signatur gilt als Qualifiziert, sofern sie von einem zertifizierten Vertrauensdiensteanbieter wie Yousign ausgestellt wird. Vertrauensdiensteanbieter werden in Deutschland vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie von äquivalenten Institutionen im europäischen Ausland kontrolliert.
Das Qualifizierte Signaturverfahren erfordert, dass die Identität der Unterzeichner:innen vor dem Unterschreiben geprüft wird und dass der Signaturschlüssel in einer Qualifizierten Elektronischen Signaturerstellungseinheit (QSCD) liegt.
Die Qualifizierte Elektronische Signatur (QES)
Die Qualifizierte Elektronische Signatur ist die e-Signatur mit den höchsten Sicherheitsstandards, da sich die unterzeichnenden Personen im Laufe des Signaturprozesses intensiv identifizieren müssen. Aufgrund des hohen Sicherheitsniveaus der QES ist diese vor dem Gesetz mit einer handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt und erfüllt das Schriftformerfordernis. Sie eignet sich besonders für Dokumente mit gesetzlichen Auflagen und hohem Haftungsrisiko.
Eine Qualifizierte Elektronische Signatur kann mit dem Tool eines geeigneten e-Signaturen-Anbieters ganz einfach aus der Ferne erstellt werden. Bei Yousign z.B. wird dafür das sogenannte AutoIdent-Verfahren verwendet, bei dem sich die Unterzeichner:innen identifizieren können, wann und wo sie möchten. Das AutoIdent-Verfahren funktioniert wie folgt:
1. Das zu signierende Dokument wird per E-Mail an die Unterzeichner:innen geschickt, geöffnet und gelesen.
2. Die unterzeichnenden Personen identifizieren sich, indem sie ihr Ausweisdokument (Personalausweis, Reisepass, Aufenthaltstitel) sowie ihr Gesicht in Bewegbild filmen. Die biometrischen Daten, die aufgenommen wurden, werden dann auf Richtigkeit und Echtheit geprüft.
3. Nach der Identifizierung authentifiziert sich der:die Unterzeichner:in noch per SMS-Einmalpasswort und kann dann die Qualifizierte Elektronische Signatur per Wischbewegung auf das Dokument setzen.
Weitere Informationen über die Funktionsweise des AutoIdent-Verfahrens sowie über die QES finden Sie in unserem Artikel “Was versteht man unter Qualifizierten Elektronischen Signaturen?”
Wenn Sie sich unsicher sind, ob Ihre Dokumente die QES erfordern, nutzen Sie einfach unseren e-Signatur-Wegweiser. Dieser gibt Ihnen Auskunft darüber, welches e-Signatur-Niveau Sie für Ihren jeweiligen Vertrag benötigen.
Die Schriftform des digitalen Zeitalters ist die Qualifizierte Elektronische Signatur
Fassen wir also zusammen: Die Schriftform ist eine Formvorschrift des Gesetzgebers für Dokumente mit hoher Wichtigkeit bzw. hohem Risiko für Unterzeichnende. Sie impliziert die schriftliche Ausformulierung des Vertragsinhalts sowie das handschriftliche Unterschreiben des Dokuments. Die Qualifizierte Elektronische Signatur (QES) erfüllt ebenfalls das Schriftformerfordernis und kann eine handschriftliche Unterschrift deshalb immer dann ersetzen, wenn das Gesetz keine gegenteiligen Vorgaben macht. Dies ist insofern von großem Vorteil, als dass dadurch jedes Drucken, postalisches Versenden oder Scannen entfällt und somit deutlich an Zeit und Kosten gespart werden kann.
FAQ zur Schriftform
Was ist Schriftform?
Bei der Schriftform handelt es sich um eine der fünf Formvorschriften der deutschen Gesetzgebung. Gilt das Schriftformerfordernis, muss die Erklärung schriftlich abgefasst & eigenhändig unterzeichnet werden. Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn keine anderen gesetzlichen Vorschriften gelten.
Was ist die einfache Schriftform?
Eine einfache Schriftformklausel erlaubt es Vertragspartner:innen, das Schriftformerfordernis zu jedem Zeitpunkt nach Vertragsschluss schlüssig und ohne Formvorschriften aufzulösen. Eine doppelte Schriftformklausel kann hingegen ein nachträgliches mündliches Ändern des Schriftformerfordernisses verhindern.
Was zählt zur Schriftform?
Die Schriftform ist in einigen Rechtsbereichen gesetzlich vorgeschrieben, wie beispielsweise im Arbeitsrecht, Mietrecht, Handelsrecht und im Vertragsrecht. Dies gilt unter anderem für Jahresabschlüsse, Arbeitnehmerüberlassungsverträge, Vollmachten oder Verbraucherdarlehensverträge.
Was bedeutet Kündigung in Schriftform?
Eine Kündigung in Schriftform bedeutet, dass die Kündigungserklärung schriftlich ausformuliert und händisch unterschrieben werden muss, um wirksam zu sein. Eine mündliche oder telefonische Kündigung genügt also nicht, um das Vertragsverhältnis zu beenden. Auch eine Kündigung per SMS oder über soziale Medien ist nicht ausreichend.
Dieses Dokument wird nur zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt. Wir übernehmen weder eine Garantie für deren Vollständigkeit noch für deren Aktualität im Hinblick auf die geltenden Vorschriften. Schließlich ist dieses kein Ersatz für eine Rechtsberatung.